From: Frank Husel <nomail@invalid>
Subject: Re: Wir trauern um "ficken"
Newsgroups: de.etc.sprache.deutsch
Date:Sat, 08 Sep 2007 02:45:13 +0200
Message-ID: <fbsra9$3vp$01$1@news.t-online.com>

Hier spricht der Dichter:
Der Schwanz und die Metaffer
wern vom Gebrauche schlaffer

- wieviel mehr gilt dies für Obszönitäten aller Art.
Heute krähen schon die Kleinen in der Kita "Isch figg deine Alde", ohne daß sich jemand daran mehr stört ... also ich hätte dafür den Mund mit Seife ausgewaschen und 18 Jahre Stubenarrest bekommen (wenn ich das Wort denn überhaupt *gekannt* hätte).
Ein offensichtlicher Kollateralschaden dieser Entwicklung sind alle Künstler.

Da sagste was. Just heute hatte ich ein entsprechendes Erlebnis. Ich connecte nix ahnend mein wireless- headset an meinen computer, um mir auf youtube den Rocksong eines Grufties unserer Generation reinzuziehen, da dröhnt mir ein Rap im Ohr. Irgendso ein Youngster aus der Nachbarschaft hatte da wohl einen irre starken 433MHz-Sender angeschaltet, und ich das Nachsehen.

Die Texte waren dermaßen zusammengesucht und doof, die Reime so erbärmlich und das Metrum so holprig, dass jeder besoffene Pinguin als Autor in Frage gekommen wäre. Angesichts des Übungscharakters dieses von Ich-muss-mal-für-kleine-Jungs-Gymnastik begleiteten rhythmischen Eloquenzausbruchs solcher Möchtegern-Meister des deutschen Idioms auf Kassenpatienten- Niveau, deren Marketing-Produkte unter den angehenden Erstwählern immer noch ihre Beta-Tester finden, hat offensichtlich mein Unterbewusstsein sogleich die Notbremse gezogen, denn ich hab mir von dem ganzen Sch**ß nur eine einzige Zeile gemerkt, irgendwas wie "...bist doch nur 'ne Frau ohne Schwanz."

Oh, da spricht der revolutionäre Geist! Ich bin ja sowas von kewl, wenn ich vulgär bin. Hirn aus, Schnauze an, ich werd' jetzt Künstler. Es gibt keine schlechte Publicity. Es gibt nur Publicity.

Keine Ahnung, ob das die Phantasielosen Vier, die Bäcker Strietbois oder sonstwer waren, ich bin mir sicher, dass ich angesichts dieser exemplarischen Vorführung von diskursiver Unbegabtheit dank meiner Unkenntnis der Musikszene unserer Generation Klingelton nix verpasst habe. Meinem pickligen Nachbarn sei Dank.

Mögen sie bald der Aphasie anheimfallen.

Ich hoffe, uns gehen die Obszönitäten nicht aus und mein kleiner Essay hat euch unterhalten, und falls nicht, dann haukt euch doch selber.

Aber, Redman! Wer wird denn gleich in die Luft gehen!

Grüße
Frank