From: Michael Schumacher <misc_@gmx.de>
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Subject: Neue Steuerfalle entdeckt (was: Neue Lesefalle entdeckt)
Date: Thu, 01 Oct 2009 17:51:07 +0200
Message-ID: <22403856.sRxf1QqQct@misc.albasani.net>

Dieter Bruegmann wrote:

Man sollte sein Geld in Steuern anlegen, die steigen bestimmt.

Vorsicht bei solchen Wünschen -- sie könnten wahr werden! Stell Dir nur mal vor, was es für Konsequenzen hätte, wenn Papa Staat so handeln würde, wie Du es hier vorschlägst...

<Szenario, mode="virtuell>
Angesichts völlig leerer Staatskassen und einer gigantischen globalen Finanzkrise muß schnell Geld her, um die notleidenden Banken zu stützen.

Also gibt Peer Steinbrück eine Serie neuer Bundesobligationen zu einem effektiven Zinssatz von 2.5% p.a. auf fünf Jahre heraus. Die wegen der Finanzkrise gerade noch so vor sich hindümpelnde
Deutsche Bank kauft davon ein Tranche von ihren letzten eisernen Reserven, und spült so einen zweistelligen Milliardenbetrag in die leere Bundeskasse. Diesen braucht der Finanzminister ganz dringend, um den Bankenrettungsschirm zu finanzieren und durch Stützung der Banken den Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern.

Als schwer getroffenes Finanzinstitut erhält natürlich auch die Deutsche Bank einen Schirmanteil, und somit ihr zuvor an den Staat verliehenes Geld in Bar zurück, wofür sie 1-1.5% eff. Jahreszins bezahlen muß. Für dieses so geliehene eigene Geld vergibt sie an Unternehmen und Privatkunden Kredite zu 4-7% eff. Jahreszins (abgesehen von äußerst lukrativen Dispokrediten zu rund 16%).

Und genau wie Unternehmen und Privatkunden, bezahlt natürlich auch der Bundesadler brav seine monatlichen Raten zurück. Allerdings nicht mehr an direkt an die Deutsche Bank, denn die hat die vom Staat erworbenen Obligationen längst an der Börse mit großem Gewinn weiterverkauft, seine eiserne Reserve damit aufgefüllt, und den Rest als Kredite zu den üblichen Konditionen weiterverliehen, die aber insofern "unüblich" sind, weil es wegen der Finanzkrise praktisch keine Inflation mehr gibt und die Zinserträge somit nicht geschmälert werden, was dank weitgehend unveränderter Zinssätze 1.5-3% höhere Gewinne bedeutet.
</Szenario>

Zum Glück sind diese Zahlen natürlich rein erfunden[*], und die neue Wespen- oder auch Tigerentenkoalition hat ja bereits zum 1. Januar 2010 deutliche Steuerentlastungen in Höhe von rund 25 Milliarden FRZ angekündigt. Die Welt ist schön, Glück auf!

[*] Wie es aussähe, wenn die Zahlen auch nur annähernd korrekt wären, läßt sich leicht kalkulieren: die Deutsche Bank würde mitten in der dicksten Phase der Finanzkrise Gewinne von knapp 1.2 Mrd. FRZ im ersten Quartal einfahren (<http://i8t.de/ujmyyy3w>), und der neue Finanzminister müßte 2010 mit mindestens 70-100 Mrd. FRZ neuer Schulden rechnen (je nach Schätzquelle) und also mit den
üblichen Folgen (<http://i8t.de/uf87ydj3>) -- aber wie gesagt: Keine Panik! -- das war ja alles nur ein rein fiktives Szenario.

mike