From: Karl Valentin <tonne@karlvalentin.de>
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Date: Sat, 23 Apr 2005 07:26:28 +0000 (UTC)
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Subject: Zum Tag des Bieres

Liebe Schwestern und Brüder des alkoholischen Geistes!

Bier ist ein edler Trunk. Ihr sollt euch daran laben und ihn preisen und auch preisen sollt ihr, wer euch das Bier gebraut, und auch, wer euch das Bier eingeschenkt.

Selig, die ein Bier trinken, denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Dürstenden, denn ihr Durst wird gestillt werden. Selig, die das Glas erheben, denn auf ihr Wohl wird getrunken werden. Selig die Brauenden, denn sie verwandeln Wasser in Bier. Selig die Schankmaiden und Wirte, denn sie versorgen uns mit dem edlen Trunke. Selig, der glaubt, noch ein Bier zu brauchen, denn er hat zum rechten Glauben gefunden.

Der Hopfen ist die Seele des Bieres. Wenn das Bier seine Seele verliert, wie kann es uns Seelenheil bringen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeschüttet und von den Leuten geächtet. Das Malz ist der Körper des Bieres, es gibt ihm Farbe und Geschmack. Man gießt kein Bier ein und stülpt ein Gefäßt darüber, man stellt es auf den Tisch, damit ein jeder sich daran erfreue. So soll stets ein gefüllter Krug Bier auf dem Tische stehen, damit man des Brauers gutes Werk sieht und preise.

Hütet euch, euren Rausch öffentlich zur Schau zu stellen; sonst habt ihr kein weiteres Bier von eurem Wirte zu erwarten. Wenn du ein Bier spendierst, so laß es nicht vor dir herposaunen, wie es die Heuchler in den Schenken und Wirtshäusern tun, um von den Leuten gelobt zu werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Dein Bier sollst Du teilen, denn wer gibt, dem wird gegeben werden.

Ihr habt gehört, das gesagt worden ist: Das Bier soll wohl temperiert sein. Ich aber sage euch: Ist das Bier zu kalt, so trübt es ein und bildet keine rechte Krone. Ist das Bier zu warm, schmeckt es schal und der Schaum nimmt überhand.

Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Es ist in Ordnung, aus der Flasche zu trinken. Ich aber sage euch: Nur dem, der aus dem Glase trinkt, wird das Bier ein Genuß sein. Dem, der sein Bier aus der Flasche trinkt, wird sich der Genuß nicht erschließen. Wer sein Bier aus der Dose trinkt, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein. Gieß ohne Zögern das Bier in das Glas, daß Du schräg unter Flasche oder Zapfhahn hältst. Ist das Glas zur Hälfte gefüllt, halte es senkrecht und fülle es bis zum Eichstrich und erfreue Dich an der Krone. Laß Dir nicht zu viel Zeit, sonst wird das Bier schal. Amen, und das sage ich dir: Am schalen Bier wirst Du keine Freude haben, an keinem Tropfen.

Wenn ihr trinket, so macht es nicht wie die Heuchler. Sie ziehen sich zum Trinken in ihre Kammern zurück, um nicht teilen zu müssen den gepriesenen Trunk. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber geh ins Wirtshaus, bevor du trinkest, lasse ein Prosit erschallen; dann trinke dein Bier, was im Glase ist. Dein Wirt, der das leere Glas sieht, wird dir ein volles bringen. Wenn ihr trinket, sollt ihr nicht plappern wie die, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie, denn euer Wirt weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet. So sollt ihr trinken: Erhebe das Glas und proste deinen Nächsten zu, nimm einen kräftigen Schluck und lobe des Braumeister und sein edles Bier und den Wirt, der es ausgeschenkt. Denn wenn ihr Wirt und Brauer preiset, ist euch das nächste Bier sicher. Wenn du aber deinen Wirt beschimpfst, so gibt es für dich kein nächstes Bier.

Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst die Zeche nicht prellen. Ich aber sage euch: Wer auch nur einen solchen Gedanken hegt, hat in seinem Herzen seinen Wirt schon betrogen. Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann rufe den Wirt und bestelle ein Bier. Denn es ist besser für den Wirt, wenn du ein Bier bestellst und nicht die Zeche prellst.

Und es ist gesagt worden: Dein Bier sollst du genießen, doch nicht damit deinen Durst löschen. Ich aber sage euch: Lösche auch deinen Durst mit Bier und höre nicht auf die Zweifler, die dich vom rechten Glaube abbringen wollen. Gib auch den Zweiflern von deinem Bier, damit sie ihren Durst löschen können und zum rechten Glauben zurück finden.

Verschüttet nicht euer Bier, denn wie wollt ihr euch an verschüttetem Biere laben?

Bittet, dann wird euch gegeben; bestellt, dann wird euch gezapft; erhebt das Glas, dann wird euch zugeprostet. Denn wer bittet, der empfängt; wer bestellt, bekommt ein Bier; wer sein Glas erhebt, dem wird zugeprostet. Oder ist ein Wirt unter euch, der seinem Gaste Wasser bringt, wenn dieser um Bier bittet, oder ein leeres Glas reicht, wenn dieser um ein volles bittet?

Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Bestell ihnen Bier und erhebe das Glas auf ihr Wohl!

Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Biergarten führt, ist eng und der Weg dahin ist schmal und nur wenige finden ihn.

Hütet euch vor den falschen Bieren; sie kommen zu euch wie edle Trünke, in Wirklichkeit aber handelt es sich um Abwässer. An ihren Gebinden werdet ihr sie erkennen. Trinkt man etwa aus hellen Flaschen oder gar Dosen? Jedes gute Bier muß in einem guten Gebinde lagern, in einem schlechten Gebinde kann nur schlechtes Bier lagern. In einem schlechten Gebinde kann kein gutes Bier lagern. Jedes Gebinde, daß kein gutes Bier beinhalten kann, sollt ihr meiden. An ihren Gebinden werdet ihr die rechten Biere erkennen. Nicht jeder, der Bier trinkt, wird daran Freude haben, sondern nur der, der das rechte Bier wohl trinkt.

Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist ein kluger Mann, der stets noch ein Bier in seinem Keller hat. Als nun eine Dürre kam und die Quellen versiegten, die Sonne brannte und die Temperaturen stiegen, so dürstete er nicht, denn er hatte stets noch ein Bier in seinem Keller. Wer aber meine Worte hört und nicht danach handelt, ist wie ein unvernünftiger Mann, der nur Plunder in seinem Keller hat. Als nun eine Dürre kam und die Quellen versiegten, die Sonne brannte und die Temperaturen stiegen, so verdurstete er.

Gruß, Karl