Subject: Re: Warnung im Fernsehen vor einem Wechsel zu Arcor
From: Frank Kloeker <eumel@gno.de>
Newsgroups: arcor.talk
Message-ID: <4234cf13$0$1103$9b4e6d93@newsread2.arcor-online.net>

Stefanie Kruse wrote:

> Auch ein sehr interessantes Thema. Wer kennt noch einen Bäcker, bei dem
> die Brötchen schmecken und nicht nur aus annähernd geschmacksneutraler
> Luft bestehen, die einem direkt vor der Zahnleiste wegbröseln wie alter
> Zwieback? Ganz toll, es gibt jetzt sonnstags Brötchen, aber nach was
> schmecken die noch, wenn die Masse längst über Großbäckereien geliefert
> wird, die schon lange nicht mehr morgens um vier in die Backstube
> kriechen, um um fünf die ersten frischen Brötchen aus dem Ofen zu
> ziehen. Die fangen heute schon abends um zehn an und wenn Du den Kram
> dann am nächsten Morgen in die Tüte bekommst, sind die längst alt und
> genauso schmecken sie dann auch.

Zu Deinem Problem hab ich doch kuerzlich Artverwandtes im Zwischennetz gefunden. Vielleicht troestet es Dich ja etwas und wenn nicht, dann ist es auch gut, Prost:

"Achso, sie meinen den Kosakenschniepel", weist mich die Brotfachverkäuferin zurecht. Was von mir als, 'das kleine graue Mischbrot dort unten' bezeichnet wurde, ist also im Werbejargon der Lebensmittelgiftküchen ein Kosakenschniepel. Was auch immer der braungefärbte Auszugsmehlklumpen mit dem Gemächte eines Angehörigen der zaristischen Waffen-SS gemein haben mag.

Es vergeht kein Tag an dem man nicht beim Bäcker - Entschuldigung - in der Mehlerlebnisworld, mit neuen Sprachklonen attackiert wird. Das schlichte Graubrot wird Countrystuten, Brötchen mit drangeklebten Roggenkörnern heißen Jogger-Baquette und die mit Preßluft aufgepumpten Gummilaiber firmieren als altfränkischer Hüttenknubbel, im Regal der mehligen Giftküche. Je weniger drin ist, desto mehr steht drauf. Kaum ein Bäckergesell', der nicht mindestens 20 pseudoverschiedene Brötchensorten aufgebahrt hat, um der tranigen Kundschaft am frühen Morgen Vielfalt im Einerlei seines Pappfraßes vorzugaukeln. Kaum ein Supermarkt, der nicht damit wirbt, bei ihm würden alle 20 Minuten frische Brötchen gebacken. Na klar, nach 5 Minuten schmecken die faden Klumpen ja auch schon so, als seien sie 4 Wochen bei Dshingis Khan unterm Pferdesattel plangeritten worden.

Während im Orkus der Backstube Freund Zwischenwirt aus gefrorenen Halbfertigrohlingen mit Hilfe der Chemokeule eine Brotunkulus erschafft, liegen vorne im Laden knusprige Bauernkanten und delikate Fitneßstuten auf angestrahlten Strohballen oder rustikal geflämten Fichtenbrett. Längst verbirgt sich hinter der tchibohaften Leuchtreklame 'Poppendieks Landbäckerei seit 1752' nichts anderes als das eingetragene Warenzeichen eines weltweit operierenden Nahrungsmittelmultis. Bis in die allerletzte Dorffiliale drückt der Morloch seinen verkokelten Fraß aus geschmacklich angereicherten Sägespäne. Im Schutze der Nacht schleichen die Brotwagen über Land und liefern die Rohlingen an den Hintertüren der sogenannten Bäckereien ab. Drinnen wirft der übernächtige Lehrling an den einen Sonnenblumenkerne und veredelt ihn zum Mehrkornbrot, an den anderen eine Handvoll Mehl und verwandelt ihn in das handgeformte Pizzabaquette-Vitaljoggingbrötchen von Meisterhand. Alles Betrug.

Na und? Ist es nicht die gerechte Strafe für die Horde übelgekleideter Zombies, die am frühen Morgen in den Bäckerladen schleichen? Der Mann im lilagrünen Jogginganzug und den Badelatschen? Die HB-qualmende Frau im Bademantel? Haben sie wirklich etwas anderes verdient? Nein! Macht nur weiter so, ihr Pseudobäcker und Mehlpanscher, es trifft keinen Falschen. Sie wollen es nicht anders. und was gibt es schöneres, als am Wochenende in der plüschigen Versandhausgarnitur zu hocken und sich zum schwiemeligen Frühstücksfernsehen den mehligen Giftmüll reinzumümmeln?

Guten Appetit!